Liebe Maria, liebe Leser,
ein hochinteressantes Thema – Vergebung, ja, wer kennt nicht diese Situation, in der man sich denkt, “Das verzeih ich ihm/ihr nie…!”
Persönlich strebe ich immerzu den kürzesten und einfachsten Weg zu einer Lösung an, insofern gehe ich einen Schritt zurück und sage:
“Wer nicht verurteilt oder bewertet, der bedarf keiner Vergebung…”
So kann ich z.B. auch überhaupt nicht nachvollziehen, dass Jesus am Kreuz angeblich gesagt haben soll, “Herr vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun.”
Was soll dieser Satz?
Das würde ja bedeuten, dass Gott richtet, verurteilt…?
Was ist das für ein Gottesverständnis?
Wenn Gott = Liebe ist, wie kann ER/ES dann richten?
Für mich undenkbar!
Viel eher könnte ich mir die Worte von ihm vorstellen, wenn er sagte, “Herr, ich vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun.”
Das macht für mich Sinn – ein einziges Wort verändert gewaltig den Sinn einer Aussage…und man könnte es auch als letzte Prüfung für ihn deuten, auf dem Weg zu seiner innerlichen Befreiung – denn wer dies verzeihen kann, kann alles verzeihen.
Also heißt für mich der Weg, dorthin zu gelangen, dass ich erst gar nicht mehr verurteile – aber wie komme ich da hin?
Bei einer so schwierigen Aufgabe, schaue ich immer, dass ich mir Hilfsmittel zur Seite stelle, denn sont schaffe ich es nicht.
Erkenntnisse von Lebenszusammenhängen sind da sehr hilfreich, finde ich, z.B. wenn ich mir sage, ok, wenn ich den Anderen verurteile, verurteile ich mich praktisch selber – oder ich sage mir, mensch, ich weiß doch gar nicht, warum derjenige das so und so macht, es steht mir gar nicht zu, darüber zu richten…etc.
Ein Beispiel:
Beim Autofahren reizt es mich immer wieder mal, den Anderen zu verurteilen, wenn er/sie sich nicht an die Verkehrsregeln hält, z.B. bei erlaubten 70 mit 100 Sachen an mir vorbeibrettert – als Hilfestellung habe ich mir irgendwann gesagt, ok, könte ja sein, dass er gerade Vater wird und schnell zu seiner Frau ins KH kommen möchte, wer weiß das schon…?
Oder er ist spät dran und muss zum Zug oder oder…
Wir alle erlauben uns selber oft “Ausnahmen”, in Sachen Regeln, aber anderen oft nicht – und es gibt eben auch Situationen, da finde ich es durchaus legitim, sie nicht unbedingt zu befolgen, da der Grund höher wiegt als die Regel – was die Verkehrskontrolle natürlich anders sieht..;-)
Da habe ich aber auch oft die Erfahrung gemacht, dass ich vorgewarnt worden bin, um eben nicht in eine Radarkontrolle zu rasseln – denn grundsätzlich halte ich mich an die Regeln, aber eben nicht pedantisch und wäge es je nach Situation ab, was mir sinnig erscheint und was nicht.
Eine Regel kann ja auch immer nur ein Richtwert oder Orientierungspunkt sein, finde ich.
Wenn wir beim Autofahren bleiben wollen – ein Sportwagen zieht locker mit 100 durch ein bestimmte Kurve, wo vielleicht 70 erlaubt ist, dagegen würde es einen Transporter mit dieser Geschwindigkeit hinaustragen…
Klar ist mir jedenfalls, dass ich mich selber wohler fühle, wenn ich nicht verurteile – das ist doch ein lohnender Ansporn – oder nicht?
Lichte Grüße
Stefan