Lieber Stefan, liebe Leser,
hier eine Erzählung aus Indien, die ich im Hinblick auf unser Thema hereinstelle, nämlich welche Môglichkeit es gibt, an sich zu arbeiten, wenn man seelische und geistige Weiterentwicklung sucht. Dass das Friedensthema auch in unmittelbarer Verbindung mit solch einer Arbeit an sich steht, das haben wir hier im Austausch schon mehrmals angedeutet.
“Eine kleine Geschichte soll noch erzählt werden über den Vorteil, die Wahrheit auszusprechen und den Nachteil, die Unwahrheit zu bewahren. Es ist eine Geschichte aus Indien, die etwas übertragen auf unsere westliche Welt nun erzählt wird. Es war ein Räuber, der schon des Öfteren im Gefängnis sitzen musste. Dieser Räuber trug dennoch in sich ein gewisses Herz, eine gewisse Sehnsucht zum geistigen Leben. Er wollte in die religiöse Richtung kommen, in das geistige Leben, er wollte in die Selbstverwirklichung, in die Erfüllung des Lebens aus der Seele gelangen. Und so ging er zu einem schon verwirklichten Eingeweihten und fragte ihn: „Was soll ich tun, damit ich jene hohe, innerste Liebe erhalte, da mein Herz so sehr in der Sehnsucht nach Gott ruft.“
Der Eingeweihte fragte ihn: „Was tust du den ganzen Tag über, welche Tugendkräfte hast du und welche Untugenden besitzt du?“
Der Einbrecher musste dann von sich sagen: „Tugendkräfte habe ich noch keine, Untugenden habe ich schon einige. Die erste ist, dass ich einbrechen gehen muss, die zweite Untugend ist, dass ich lügen muss, denn sonst werde ich wieder ins Gefängnis geworfen und die dritte Untugend ist, dass ich Alkohol trinke. Alkohol muss ich trinken, damit ich untertags schlafen kann, um die Aufregung etwas niedriger zu halten, denn in der Nacht bin ich ja am Arbeiten.“
Darauf sprach der Eingeweihte: „Leicht ist es nicht, aber wenn du eine dieser Untugenden durch eine Tugend ersetzt, dann wird dir schon eine erste seelische Gabe zuteil.“
Der Einbrecher überlegte, welche dieser Untugenden er nun sein lässt und er kam zu der Schlussfolgerung: „Das Einbrechen ist notwendig, denn wenn ich kein Geld mehr verdiene, gehe ich zugrunde, das kann ich nicht sein lassen. Den Alkohol muss ich ebenfalls trinken, sonst wäre ich gesundheitlich bald am Ende, da ich ansonsten nicht richtig schlafen kann; aber das Lügen, auf diese Untugend werde ich verzichten.“
Und so sprach der Einbrecher zum Eingeweihten: „Gut, dann werde ich ab heute nur noch die reine Wahrheit sagen, koste es mich, was es wolle, ich werde die reine Wahrheit erzählen.“ Die Zeit ging dahin.
Der Einbrecher ging nachts zum Einbrechen in ein Schloss, in dem ein Graf wohnte. Er kletterte über den Balkon hoch und schlich sich durch das Fenster hinein. Der Graf beobachtete den vor ihm liegenden Balkon und sah, dass jemand hereingestiegen war und rief: „Halt, wer ist da?“ Das war die erste Not, in die der Einbrecher kam; was sollte er nun sagen? Er sagte: „Ein Einbrecher.“ Das faszinierte den Grafen. Er wollte der Sache auf den Grund gehen und sagte: „Das ist gut, ich bin auch einer.“ Beide taten sich zusammen, und der Einbrecher sagte: „Komm wir wollen schauen, wo der Safe ist.“ Und der Graf, der sich als Einbrecher ausgab, sagte: „Er ist dort in diesem Raum, das weiß ich schon, und es liegen drei Diamanten drinnen. Du kletterst hinauf, knackst den Safe, ich bleibe hier und halte Wache.“ Der Einbrecher ging hinauf, knackte den Safe und fand tatsächlich drei Diamanten. Er nahm die drei Diamanten, verschloss den Safe wieder, und sie gingen zurück. Als sie auf der Straße waren, beratschlagten sie, was zu tun wäre: „Es sind drei Diamanten. Einer ist für dich, einer für mich und den dritten lege ich wieder zurück, damit wir ihn nicht teilen müssen.“ Er kletterte wieder hinauf über das Balkongeländer und legten den Diamanten zurück in den Safe. Danach trennten sie sich. Der Graf ließ sich noch die Adresse des Einbrechers geben, mit der Begründung, dass sie doch für spätere Touren sicherlich ein gutes Team wären. Schließlich verständigte der Graf am nächsten Tag die Polizei, weil er eben die Adresse hatte, und die Polizei kam und fragte den Einbrecher, wo er in der Nacht gewesen wäre. Der Einbrecher sagte: „Beim Einbrechen im Schloss.“ Der Polizist fragte weiter, was die Beute gewesen wäre. „Ein Diamant“, antwortete der Einbrecher. Der Diamant wurde sichergestellt, und der Einbrecher erzählte, dass auch noch ein zweiter dabei gewesen wäre. Um nun auch den zweiten Einbrecher sicherzustellen, wollten sie einmal zum Schloss gehen, um die örtlichen Verhältnisse zu begutachten. Schließlich kam der Graf und der Einbrecher sagte: „Dieser hat den zweiten Diamanten.“ „Und wo ist nun der dritte?“ Der Einbrecher versicherte: „Der ist im Safe, den habe ich zurückgebracht.“ Schließlich wurde ein Polizist hinaufgeschickt, während die anderen Polizisten den Einbrecher bewachten. Er sollte nachsehen, ob der Diamant im Safe wäre. Der Polizist kam nach seiner Begutachtung zurück und sagte: „Da ist kein Diamant im Safe.“ Der Graf aber übernahm schließlich das Wort und sagte bei sich: „Solch ein Mann, der bisher so klar die Wahrheit gesprochen hat, wie kann denn der nun eine Lüge sprechen?“ Er veranlasste, dass ein Polizist nun die Taschen seines Kollegen durchsuchte, und sie fanden tatsächlich den Diamanten. Der Polizist hatte auf dem Weg vom Safe den Diamanten unterschlagen. Und schließlich wurde der Einbrecher in die Dienste des Grafen gestellt und erhielt eine hohe Position. Diese wurde ihm zuteil, weil er die Wahrheit unabhängig von allen Äußerlichkeiten gesprochen hatte. Die Wahrheit unter allen Bedingungen auszusprechen, das ist innerste Kraft, die innerste Aufrichtekraft. Das kann diese Geschichte auf eine romantische Weise verdeutlichen.”
Diese Geschichte ist dem Buch „Die 7 Lebensjahrsiebte und die 7 Chakren“ von Heinz Grill entnommen. Sie wird im Zusammenhang mit der Entwicklung des 1. Chakras und der Entwicklung von innerstem Aufrichtevermögen und Wahrheitsliebe des Menschen erwähnt.
Liebe Grüße, Maria