#6645
Maria
Administrator

    Liebe Forumsleser und -schreiber,

    zu dem Forumsthema, das einen Austausch bezüglich der Evanglien und des Christus eröffnet, möchte ich nach den eingegangenen Beiträgen noch eine Anregung geben. Ich bin ein Mensch, der anerkennt, dass es inspirierte Schriften gibt, man kann auch sagen, Heilige Schriften. Was die Weltreligionen betrifft, habe ich mich mit dem Neuen Testament und mit der Bhagavadgita, der heiligen Schrift des Hinduismus, tiefer befasst. Und ich bin noch lange nicht damit fertig.
    Eine Grundfrage zu diesem Thema ist jene: Erkenne ich an, dass es Schriften gibt, die von sehr weisheitsvollen Personen geschrieben wurden, von Menschen, die nicht um ihrer selbst lebten, die Einsichten in göttliche Geheimnisse hatten, die durchdrungen von Weisheit und Liebe diese Schriften verfassten oder erkenne ich das nicht an.
    Im zweiten Fall bleibt mir nichts anderes übrig, als heilige Schriften gleich welcher Religion – oder auch andere inspirierte Literatur – mit meinem Intellekt erfassen zu wollen. Und dann kommt nach meiner Erfahrung etwas heraus, was nur Missverständnisse, Überhebung und letztlich eine Leugnung des Geistes zur Folge hat. Ich setze meinen (begrenzten) Intellekt über eine göttliche Offenbarung.
    Ich möchte betonen, dass ich mit dem Anerkennen von spirituellen Schriften keinesfalls einen blinden Glauben und ein blindes Nachfolgen meine. Vielmehr ein hochaktives Erforschen und wiederholt meditatives Ausrichten auf deren Aussagen. Meine Denktätigkeit wird sogar in höchstem Maße angeregt und gefordert. Aber eben nicht meine rein intellektuelle, reflektierende, sondern meine viel größer angesetzte schöpferische Denkfähigkeit.

    In dem Zusammenhang erwähne ich wiederum gern Goethe, der seine wissenschaftlichen, philosophischen und literarischen Errungenschaften auf einem solchen Denken gründete, das er selbst auch genau beschrieb. Vielleicht ist manchen von euch seine Aussage bekannt:

    “Nicht das macht frei, daß wir nichts über uns anerkennen wollen, sondern eben daß wir etwas verehren, das über uns ist. Denn indem wir es verehren, heben wir uns zu ihm hinauf und legen durch unsere Anerkennung an den Tag, daß wir selber das Höhere in uns tragen und wert sind, seinesgleichen zu sein.”

    Ich bin davon überzeugt, dass die Schreiber der Evangelien aus einer tiefen Inspiration schrieben, durchdrungen von der Liebe und Wahrheit des Christus, dem sie nachgefolgt waren.
    Dass es in den Übersetzungen Fehler und Ungenauigkeiten gibt, das glaube ich auch. Ebenso, dass bestimmte, der Kirche nicht gefällige Themen (z.B. die Reinkarnation) herausgestrichen wurden. Dennoch tragen diese Schriften bis heute eine Kraft in sich. Ebenso wie die Schriften anderer Weltreligionen. Ich finde den Gedanken nachdenkenswert, was eine inspirierte Schrift ist und was es bewirkt, wenn ich mich ihr hinwende.

    Maria