Unterscheidungsbildung

Wasser – lebendiges Element

von | Juli 26, 2024 | Unterscheidungsbildung | 0 Kommentare

Es spritzt, sprudelt, fließt und steht, es glitzert, tost, braust und gischt, es plätschert, rinnt und tropft – das Wasser, das wir im Außen erleben, in tiefen Bergseen, wilden und gemächlichen Flüssen oder an Wasserfällen oder – wie hier – in einem eigens für die „Wassergeister“ geschaffenen künstlerisch angelegten Wasserlauf.

Undinenweg, gestaltet von Mitarbeitern und Studiengästen der freien spirituellen Hochschule in Naone, im italienischen Trentino. Das Zusammenwirken von Mensch und Natur für eine zukunftsweisende Ökologie ist eines ihrer Studien- und Forschungsfächer.

Die Beschäftigung mit dem Wasser in seinen unterschiedlichen Ausdrucksarten führt unsere Aufmerksamkeit wie von selbst nach außen. Wie gern folgen die Augen dem Glitzern und Springen, wie beruhigend nehmen unsere Ohren das sanfte Plätschern, das lustige Blubbern und gleichmäßige Murmeln wahr. Es erscheint uns fast nicht möglich, in solch einem sonnig-heiteren Wasserlauf das nasse Element als tote Materie zu erleben, als physikalische Formel – nein, da müssen doch lebendige Kräfte, Wassergeister, Lichtkräfte, Naturwesen im Spiele sein.

In der Tat gibt es in der Geisteswissenschaft den Begriff der „Undinen“, der Elementargeister des Wassers. Anscheinend leben sie da „Wo der Stein die Quelle berührt, da verkörpern sich die Wesen, die an das Element des Wassers gebunden sind: die Undinen.“

(Lit.: GA 98, S. 91  Rudolf Steiner)

Es ist überaus interessant und belebend, sich dem Spiel des Wassers, seinem Glitzern, seinem lebendigen Fluss, seinem tropfenden Aufprall und Weiterfließen für einige Zeit beobachtend hinzugeben.

Wieder anders wirkt auf den Betrachter das Verweilen an einem Bergsee. Hier kann man den Tennosee, der etwas oberhalb des nördlichen Gardasees gelegen ist, sehen. Im Sommer, wenn warme Temperaturen herrschen, erstrahlt er in einem tiefblauen Türkis, welches durch Algen verursacht ist. Auch diese Stimmung ist zauberhaft, beruhigend und erhebend. Als Betrachter wird man ruhig und innerlich hoffnungsvoll gestimmt.

Weilt man dagegen an einem starken Wasserfall – ich habe hier den Rheinfall von Schaffhausen gewählt, den ich selbst vor Jahren eindrücklich erlebte – dann wird die gesamte Urgewalt des Wassers für den Menschen bewusst. Das unbeschreiblich kraftvolle, schwere Tosen, Brausen und Schäumen erweckte in mir das unmittelbare Erleben einer Naturgewalt, angesichts derer fast ein Moment des Stillstands in der Seele eintritt oder auch ein Berührtsein wie von Kräften des Todes, die die eigene Person in eine unausweichliche Gegenwart versetzen. Nichts anderes lebt in diesem Augenblick. Und im Nachklang zu diesem Erleben bleibe ich als Mensch ergriffen und etwas bescheidener zurück .

Und schließlich zieht die Sehnsucht uns Menschen hin zum Meer. Literatur, Gedichte, Dramen und Hymnen sind diesem Gewässer der endlosen Weite gewidmet, Dichter, Schriftsteller, Maler und Musiker wurden und werden von ihm inspiriert. Wie zeigt es doch einen Spiegel eines kosmischen Wirkens mit seinen Gezeiten, seinem Kommen und Gehen, seiner Flut und seiner Ebbe.

Das Meer fasziniert durch seine Weite. Kein Ende ist in Sicht. Die Sonnenscheibe scheint morgens direkt aus dem weiten Nass am Horizont aufzutauchen und des Nachts sich wieder in es hinein zu versenken. Dabei ist das Meer bewegt, nie ganz ruhig, immer in rhythmischer Bewegung, beruhigend, zuweilen in seiner Wucht beängstigend, und in seiner endlosen Weite auch auf das menschliche Bewusstsein weitend.

Für viele ist das Meer Jahr für Jahr das ersehnte Urlaubsziel. Es lädt ein zum Schwimmen, Surfen, Segeln, zu ausgedehnten Strandspaziergängen. Die Salzluft finden wir in der Regel angenehm und regenerierend für die Atemwege, auch unserer Haut bekommt das salzig-feuchte Element gut.

Das Wasser in seinen vielfältigen, wenn man es genau besieht, unendlichen Ausprägungen und Erscheinungsformen, scheint mir ganz besonders geeignet, uns Menschen im Empfindungsleben zu berühren und zu bereichern. Ein betrachtender und forschender Umgang mit diesem Element fördert auch unsere Wertschätzung und einen bewussteren Umgang mit diesem kostbaren Geschenk der Natur.

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