Lieber Stefan, liebe Leser,
da hast du einen sehr konstruktiven Weg eingeschlagen, wie man mit Konflikten und Missverständnissen umgehen kann. Mir scheint, ab dem Augenblick, wo ich rausgehe aus den “nur Emotionen”, nur Verletztsein und Erwartungen, wo ich beginne, mich objektiver mit einem Thema oder Phänomen zu beschäftigen, da tun sich neue Sichtweisen und Aspekte auf und – wie du ja beschreibst – auch wieder eine konstruktive Gesprächsmöglichkeit. Wenn wir sowas im Kleinen, in unserem persönlichen Leben schaffen, dann hat das dennoch eine Auswirkung auf die gesamte Welt. Also, das ist schon ein nachahmenswerter Schritt, ein Problem mal so fundiert anzugehen, sogar darüber zu schreiben und damit im Gegenüber auch eine Stellungnahme und ein Nachdenken anzuregen.
Habe gestern erfahren, dass Jimmy Carter gestorben ist. Als ich dann nachlas über ihn, erfuhr ich, wie er doch mit Werten noch aufgewachsen ist und deshalb gar nicht anders konnte, als diese auch als Politiker zu leben. Er war dadurch als amerikanischer Präsident nicht unbedingt beliebt, aber das tut meiner Ansicht nach dem innersten Motiv seines Lebens, das von Friedenswunsch erfüllt war, keinen Abbruch. Ganz besonders interessiert mich, was solche eine Persönlichkeit auch nach ihrem Ableben hinterlässt. Was ich mit bestem Motiv im Leben schaffe, was ich verwirklichen will, das stirbt in meinen Augen nicht, wenn der physische Körper stirbt. Aber das ist eine neue Frage.
Der Umgang mit Sprache, mit Worten, jedenfalls ist eine sehr reiche Möglichkeit für Verständigung und Friedensarbeit. Als Übersetzerin liegt mir dies besonders am Herzen, es gibt natürlich auch zahlreiche andere Wege. Nur noch ein Gedanke zur Kraft der Worte: Im Buch “Nachtzug nach Lissabon” entdeckte ich diese Aussage zur Sprache und zum Umgang mit den Worten- “Ich möchte ein Goldschmied der Worte sein” – das sagt der Protagonist des Romans, was mich beim Lesen sehr berührte. Dass uns dieser Schatz mehr bewusst werden kann, das wünsche ich unter anderem für das heute zu Ende gehende alte und morgen beginnende neue Jahr.
Mit herzlichem Gruß
Maria