Lieber Stefan, liebe Leser,
das sind schon klare, konkrete Zusammenhänge, die du da schilderst. Die Rüstungsindustrie brummt und boomt, ebenso die Pharmaindustrie, denn den Menschen geht es schlechter und die Angsterkrankungen nehmen zu. Es ist ein tatsächlich sehr unmenschlicher und unethischer Faktor, dass mit Krieg Geschäft gemacht wird, aber er ist real. Deshalb deine Schlussfolgerung: “… insofern glaube ich, dass es erst dann einen wirklich stabilen Frieden auf Erden geben wird, wenn unsere Wirtschafts- und Sozialsysteme auf ganz anderen Beinen stehen als bisher.”
Und dann schlägst du etwas vor, dem ich nur zustimmen kann: Dass jeder Einzelne die Wirtschaft mitgestalten und lenken kann über einen bewussteren Konsum. Ich kaufe z. B. gern auf biologischen Bauernmärkten ein oder in einem Hofladen und am liebsten kaufe ich bei jemandem ein, der selber seine Landwirtschaft oder seine Gärtnerei mit Verantwortung, Fachkenntnis und Liebe zu den Nahrungsmitteln und Tieren betreibt. In Gesprächen und im direkten Kontakt findet man das leicht heraus. Ein biologischer Ziegenbauer in Deutschland berichtete mir einmal, dass die Kunden nicht nur an seinen Marktstand kommen, um Ziegenkäse zu kaufen, sondern auch, weil sie gern ein paar Worte mit ihm wechseln. Auf italienischen Märkten kann man dieses Beziehungselement, das jeden Einkauf begleitet, besonders gut beobachten. Einkaufen heißt für mich immer auch, eine Beziehung zwischen Verkäufer und Kunden herstellen. Mir scheint, der Wert der Ware wird dadurch sogar noch erhöht. Ich habe mir jedenfalls vorgenommen, wenn ich etwas kaufe, auch andere Artikel -z.B. ein Elektrogerät – auf den Austausch, die Beratung zu achten und meinen Kauf auch davon abhängig zu machen.
Und dann möchte ich noch einen anderen Aspekt in die Friedensfrage hereinführen. An einem Beispiel will ich das veranschaulichen. Vicor Hugo, der so etwas wie der französische Goethe ist und von 1802 bis 1885 in Frankreich lebte und wirkte (bekannt sind u.a. seine Werke “Die Elenden”, “Notre Dame de Paris -Der Glöckner von Notre Dame”) hat sich sein Leben für die Abschaffung der Todesstrafe eingesetzt. Wo die Guillotine aufgerichtet wurde, war auch er und richtete sich auf. Sein Leben hat er dafür gekämpft, aber die Todesstrafe wurde in Frankreich erst 1981 auf intensives Bestreben des damaligen Justizministers Robert Badinter abgeschafft. Dieser äußerte in dem Zusammenhang, dass ihn der unermüdliche Kampf Victor Hugos für diese Sache sehr geprägt hatte. An dem Beispiel möchte ich darstellen, dass die Tatsache, wenn ein Mensch wirklich ein Ideal verfolgt, dazu führt, dass es auch einmal in die Realisierung gelangt.
Und das ist nur einer der Gründe, weshalb ich glaube, dass es einen großen Wert hat, Ideale konkret zu denken. Z. B. wie könnte die Ukraine ein souveränes, eigenständiges Land werden, das keine Nato braucht, keine Abhängigkeiten von anderen Ländern, sondern sich selber in seiner Würde wieder aufrichtet? Welchen Präsidenten bräuchte es, welche würdige Rolle könnte es als Brücke sowohl zum Osten als auch zum Westen hin einnehmen? Dazu sind auch Gespräche mit Menschen aus der Ukraine wie auch Menschen aus Russland hilfreich, die ich aufsuche. Dass Menschen aus im Moment nicht in Kriegsgeschehen verwickelten Ländern sich interessieren für die Länder, in denen Krieg herrscht, und eine Zukunft zu denken wagen, das ist in meinen Augen auch eine Friedenshandlung.
Maria
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Diese Antwort wurde vor 3 Monaten, 3 Wochen von
Maria geändert.