Angeregt durch „Nicht umzubringen – Heimliches Tagebuch“ des Italieners Giovannino Guareschi (1908 – 1968)
Wer ist Giovannino Guareschi?

Das ist er. Vielleicht eine kleine Ähnlichkeit mit diesem Herrn rechts im Bild?

Tatsächlich, und das ist kein Zufall. Denn Govannino Guareschi – italienischer Journalist, Karikaturist und humoristischer Schriftsteller – suchte für den Darsteller des cholerischen, aber in den Urgründen seiner Seele gutmütigen und menschenliebenden „Peppone“ in der berühmten Verfilmung seines Romans „Don Camillo und Peppone“ eine Figur, die ihm möglichst ähnlich war. Und als er sie nicht gleich fand, war er drauf und dran die Rolle selbst zu besetzen. Aber mit Gino Cervi in der Rolle des Peppone hatte Guareschi einen Volltreffer gelandet.
So bekannt sein Roman und dessen Verfilmung ist, so unbekannt und spannend ist seine Vorgeschichte. „Don Camillo“, der unübertrefflich von Fernandel gespielt wurde, hatte ein lebendes Vorbild: Don Camillo Valota, dessen Namen er in seinem Roman verewigte. Diesem war Guareschi in einem der Konzentrationslager begegnet, in denen er während des 2. Weltkriegs ausharren musste.

Don Camillo Valota
(1912-1998)
Ein anderer Priester, Don Alessandro Parenti, scheint es aber zu sein, der der Roman- und Filmfigur Guareschis nicht seinen Namen, dafür aber seinen Charakter verlieh. Don Parenti war ein einfallsreicher, aufmüpfiger und für sein kleines Bergdorf Trepalle unermüdlich einsatzkräftiger Priester, der den Schriftsteller beeindruckte und mit dem er sich befreundete.

Don Alessandro Parenti
(1903-1980)

Guareschi selbst hatte kein leichtes Leben. Er weigerte sich 1943, für die neu gegründete und fast gänzlich von Deutschen kontrollierte italienische Sozialrepublik zu kämpfen. Bis zum Kriegsende wurde er in der Folge als italienischer Militärinternierter in verschiedenen deutschen Kriegsgefangenenlagern festgehalten. Was er in dieser Zeit erlebte, beschrieb er in seinem Diario clandestino, das in deutscher Sprache unter dem Titel „Nicht umzubringen – heimliches Tagebuch“ erschien.
Der Klappentext deutet kurz und knapp an, was den Leser erwartet:
Man hat ihn in Uniform gesteckt, gefangen genommen und in Lagern eingesperrt, ließ ihn hungern, das Vaterland, die Deutschen und die Russen verwünschen – aber man brachte ihn nicht zum Schweigen.
Er hat sich gerächt – mit der Feder. Spitz, witzig, satirisch und entwaffnend in seiner“Grandezza“ –
Der deutsche Titel des Buches „Nicht umzubringen“ ist vortrefflich gewählt. Giovannino Guareschi ist ein Mensch, den man als sieghafte Natur beschreiben muss. Er stellt in seinen Schriften die Fähigkeit unter Beweis, dass er die Dinge und Ungerechtigkeiten beim Namen nennt, aber nicht polarisiert und polemisiert, sondern alles Missliche, das ihm widerfuhr verwandelt, zur Karikatur formt und Charme, Humor sowie Menschen- und Gottesliebe – in einer ihm eigenen Form – als Sieger hervorgehen lässt.
Hier zwei literarische Kostproben aus „Nicht umzubringen“. Sie stellen „Signora Germania“ dar wie Guareschi diese im 2. Weltkrieg erlebte.
Signora Germania
„Signora Germania, du hast mich gefangengenommen und hältst Wache, damit ich nicht entkomme.
Es nützt nichts, Signora Germania: ich gehe nicht hinaus, aber jeder, der will, kommt hinein.
Meine Gefühle und meine Erinnerungen.
Und das ist noch nichts, Signora Germania; denn auch Gott kommt hinein und lehrt mich all das, was deine Verordnungen verbieten.
Signora Germania, du durchwühlst mein Gepäck und durchstöberst die Spähne in meinem Strohsack. Es nützt nichts, S.G., du kannst nichts finden, und doch sind dort Dokumente von unendlicher Wichtigkeit versteckt; der Plan meines Hauses, tausend Bilder aus meiner Vergangenheit, der Entwurf meiner Zukunft.
Und das ist immer noch nichts, Signora Germania. Denn dort steckt auch eine große topographische Karte im Maßstab 1:25 000, auf der peinlich genau der Punkt aufgezeichnet ist, an dem ich den Glauben an die göttliche Gerechtigkeit wiederfinden werde. Signora Germania, du beunruhigst dich meinethalben, aber es nützt dir nichts. Denn an dem Tag, den dem du aufgebracht Krach machst mit einer deiner tausend Maschinen und mich auf die Erde niederwirfst, wirst du sehen, daß aus meinem erstarrten Körper ein anderes Ich auferstehen wird, schöner als das erste. Und du wirst ihm keine Schuld mehr um den Hals hängen können, weil es entfliehen wird auf die andere Seite des Zaunes, und damit ist Schluß.
Denn der Mensch ist so geschaffen, Signora Germania: von außen her kann man ihm leicht befehlen, aber es gibt immer noch einen anderen – und dem befiehlt nur Gott.
Und das ist ein Reinfall für dich, Signora Germania.”
Die Deutschen
Sie füllen einen Kessel mit Wasser, nehmen Fleisch, Pulver und Extrakte, veschließen das Ganze hermetisch mit einem Deckel, hängen ein Vorlegeschloß daran, zünden das Feuer an, und wenn eine bestimmte Klappe pfeift, ist die Suppe fertig.
So machen sie es auch im Krieg: Sie werfen Menschenfleisch in den großen Topf, nehmen Schießpulver und Extrakte aus den Militärwissenschaften, setzen einen Deckel aus Disziplin darauf, verschließen das Ganze mit einem Schloß aus Unnachgiebigkeit, zünden das Feuer an und warten darauf, daß der Pfiff den Sieg meldet.
Aber der Pfiff kommt nicht, und der Topf platzt.
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