Dieses Forum bietet ein Podium für einen weitgefassten Austausch darüber, was uns in unserer Zeit auf dem Gebiet der Spiritualität begegnet. Welche Erfahrungen macht ihr? Welche Begegnungen habt ihr? Was fällt euch auf?
Und was heißt es denn, spirituell zu sein? Wodurch wird womöglich Spiritualität verhindert und behindert?
Das Thema, das mir ein Herzensanliegen ist, ist ein ernstes, soll aber mit einer Prise Humor und einer gehörigen Portion Selbstkritik, in die ich meine Person einbeziehe, behandelt werden. Für die meisten von uns zeigt sich ein Handeln für konstruktive Veränderungen in der Welt als dringend spürbare Notwendigkeit – in Richtung Frieden, Gesundheit, gesunde Ökonomie und Ökologie, Beziehungsfähigkeit, Mitmenschlichkeit und Empathie. Wo stehe ich inmitten dieses Wunsches und wohin will ich mich bewegen?
Schon Wilhelm Busch hat sich tiefgründig und mit spitzer Feder in die Thematik des Lebens- und Todeskampfes der menschlichen Seele, ihrer Freuden und Abgründe, hineingearbeitet. So dass ich mich, frei nach Busch, fragen kann:
Kämpfe ich als guter Genius?
Oder als Geist der Finsternus?
für die Seele der frommen Helene?
die schließlich hinab zur Hölle fährt?
Dem Onkle Nolte ist‘s diese Worte wert:
“Das Gute – dieser Satz steht fest –
Ist stets das Böse, was man läßt!”
“Ei ja, da bin ich wirklich froh!
Denn, Gott sei Dank! Ich bin nicht so!!”
„Denn Gott sei Dank! Ich bin nicht so!“ – Vielleicht ein Irrtum? Wenn ich der Gutmensch bin und ohne zu zögern meinen Platz zur Rechten Gottes einnehme, dann sind die anderen notgedrungen die Bösen; doch wer weiß, wie es wirklich um mich steht?
„Rudolf Steiner und ich“ – wie wirkt nun das, wenn jemand sozusagen als Stellvertreter eines geisteswissenschaftlichen Lehrers auftritt? Kann ich nachempfinden, was der Lehrer ist und war, erforsche ich ihn oder verbinde ich mich nur intellektuell oder gefühlsmäßig mit ihm und habe gar keine wirkliche Beziehung zu ihm und seinem Werk? Nicht selten entsteht eine antipathische Ausstrahlung nach außen, ja fast ein elitäres Auftreten, das ganz und gar nicht anziehend auf interessierte Suchende wirkt.
Eine befremdende Begegnung in dieser Richtung erlebte ich vor vielen Jahren als junge Frau in einem anthroposophischen Lesekreis. Eine der Damen, so erfuhr ich wenig später, war nicht glücklich über mein Erscheinen, da ich sozusagen eine „Uneingeweihte“ war und dann die „Anthroposophia“ sich nicht über die Gruppe herabsenken könne. Ich wollte dann auch dem Wirken der „Anthroposophia“ nicht weiter im Wege stehen…
Mit Jesus auf du und du – auch das habe ich auf einem Vortrag einer esoterischen Rednerin schon erlebt, die mehrmals während ihrer Ausführungen ins Zwiegespräch mit Jesus trat. Es war für mich ein fast verrücktes, zumindest sehr befremdliches Erleben.
Kampf um die Nähe zum spirituellen Lehrer – den bekannten spirituellen Lehrer oder Guru, wie man ihn in Indien nennt, Sathya Sai Baba und seine Wirkungsstätte in Puttaparthi besuchte ich mehrere Male. Sai Baba war ein zierlicher Mann in orangem Gewand und seine darshans – was übersetzt soviel wie „Gottesschau“ bedeutet – waren von faszinierender Intensität. Was geschah, wenn er durch die Reihen ging? Warum nahm er manche Briefe seiner Schüler an, warum andere nicht? Später erfuhr ich von verschiedenen Besuchern seines Ashrams, dass Sai Baba die Briefe mit aufrichtigen Bitten und Zielen für andere annahm, die eigennützigen, in denen nur um das persönliche Wohlergehen gebeten wurde, in der Regel links liegen ließ. Die Aufenthalte für Besucher waren sehr gut organisiert. Einen unangenehmen Eindruck dagegen hinterließen oft westliche „devotees“, Verehrer und Verehrerinnen, die im erbitterten Kampf um Plätze in den ersten Reihen, in der Nähe des spirituellen Mannes, jegliche Rücksicht und ehrfurchtsvolle Haltung verloren. Ein offensichtlicher Ausdruck eines spirituellen Egoismus. Sathya Sai Baba wurde auch mit denunzierendsten Vorwürfen und Angriffen überzogen, die wohl von eifersüchtigen Anhängern in die Welt gesetzt wurden. Er starb am Ostersonntag im Jahr 2011.
Und dann die zahllosen Glaubenssätze unserer Zeit –
„Zuerst muss es mir selbst gutgehen, bevor ich etwas für andere tun kann.“
„Höre auf dein Bauchgefühl!“
„Alles ist Energie und ich sende allen Licht und Liebe“ uvm.
Das alles kann doch nicht gut sein. Deshalb dieses Forum – Schluss mit eigenbezogener Spiritualität!
Wie seht ihr das? Was sind eure Erfahrungen auf eurem spirituellen Weg?
Schreibt gern zu diesem Thema ins Forum und wir treten in Austausch: spiritualitaet-im-dialog.org/diskussionsforum/